Pionierbaumarten sind im Allgemeinen die ersten Baumarten, welche Freiflächen (wieder neu) besiedeln. Freiflächen können unter anderem durch Kahlschläge in Folge von Borkenkäferbefall, durch Sturmschäden, durch Erdrutsch, nach Vulkanausbrüchen, nach einem Meteoriteneinschlag oder durch Waldbrände entstehen. Veränderungen der Küstenlinie, Hochwasser oder der Rückzug eines Gletschers können ebenfalls ursächlich sein. Lichtbaumarten, wie etwa Eichen, Kiefern, Pappeln, Salweiden, Birken oder auch Lärchen, die in der Jugend sehr viel Licht benötigen, finden unter derartigen Verhältnissen gute Bedingungen zur Verjüngung. Manchmal ist in diesem Zusammenhang von Kahlschlagflora die Rede.
Pionierarten ertragen meist extremere Umweltbedingungen als andere Arten. Im Vergleich dazu: Etablierte Vegetationsbestände dämpfen Maxima beispielsweise hinsichtlich Temperatur und Bodenwasser. Die wenig entwickelten Böden eines Pionierhabitats weisen häufig Nährstoffmangel oder -ungleichgewichte auf, womit Pionierbaumarten besser fertig werden als beispielsweise Klimaxbaumarten. Neben Pionierbäumen siedeln sich selbstverständlich ebenso andere unzählige Pionierpflanzen im so genannten Vorwald an beziehungsweise bilden entsprechende (Vorwald-)Pflanzengesellschaften. Um nur wenige Beispiele zu nennen: Kröten-Binse, Braunes Zypergras, Dreiteiliger Zweizahn, Roter Gänsefuß, Natternkopf, Nachtkerze, Kompass-Lattich und das Schmalblättrige Weidenröschen. Im naturnahen Wald finden sich am Waldrand häufig Pionierbäume und weitere Pionierpflanzen, während sich tiefer im Wald bereits Zwischenwaldgesellschaften oder sogar Schlusswaldgesellschaften gebildet haben. Neben der Flora (Pflanzenwelt) sieht auch die Fauna (Tierwelt) in einem Vorwald anders aus als in einem Zwischenwald oder einem Klimaxwald.
Vorwaldbaumarten zeichnen sich kurz und bündig formuliert durch folgende Eigenschaften aus: schnelles Jugendwachstum, frühe Zuwachskulmination, zeitiges Reifealter sowie reichliche und frühe Fruktifikation (= Fruchtbildung; Ausbildung von Samen und Früchten von mannbaren Pflanzen). Die detaillierten Charakteristiken finden Sie weiter unten. Wegen diesen Eigenschaften werden teilweise gezielt Vorwälder gepflanzt um den Bedarf an Biomasse für Energieholz und Industrieholz zu decken. Energieholz bezeichnet Holz, das ausschließlich für die Energiegewinnung durch Verbrennung genutzt werden soll (energetische Nutzung). Als Industrieholz wird Rohholz bezeichnet, das nicht als Vollholz oder Schnittholz weiterverarbeitet, sondern in weiterer Verarbeitung mechanisch zerkleinert oder chemisch aufgeschlossen wird (Zerlegung von Holz in Holzfasern).
Unter bestimmten Bedingungen werden Pionierbäume übrigens nicht von den konkurrenzstärkeren Klimaxbaumarten verdrängt sondern übernehmen direkt deren Rolle. Die Gründe hierfür liegen an den Standortfaktoren. Ist die Birke an einem bestimmten Standort beispielsweise den anderen Baumarten überlegen, dann wird sie diesen Standort nicht nur als erstes erschließen sondern diesen auch im Schlusswald noch verteidigen. Welche Baumart im konkreten Fall als Pionierbaumart fungiert hängt entsprechend ebenfalls von den Standortfaktoren ab. Anzumerken ist zudem, dass Pionierbaumarten nicht selten bodenverbessernde Eigenschaften haben und die spätere Besiedlung durch Klimaxbaumarten erst ermöglichen (mehr zum Thema Klimaxwald / Schlusswald finden Sie HIER). Die Trennung ist nicht immer eindeutig möglich: Die Griechische Tanne wird in der Regel (und das zurecht) zu den Klimaxbaumarten gezählt, da sie in Griechenland in Höhenlagen von 400 m bis 2100 m häufig Reinbestände ausbildet. Allerdings übernimmt sie zudem die Erstbesiedlung initialer Kalkrohböden und hat somit ebenfalls den klaren Charakter einer Pionierart (wenn auch eher langsam wachsend). Wo kann man ein Mischpaket mit verschiedenen Pioniersetzlingen erhalten? Bei uns! Und zwar HIER.
Was sind die Charakteristiken der Pionierbäume? Welche Eigenschaften haben sie?
- niedrige Standortansprüche (Nährstoffbedarf und Wasserhaushalt)
- jährliche Fruktifikation, große Mengen an leichten und oft flugfähigen Samen, die durch Wind, Wasser und Tiere weit verbreitet werden
- geringe Schattentoleranz (-> Lichtbaumarten)
- relativ robust gegenüber extremen Klimabedingungen
- schnelles Jugendwachstum, frühe Kulmination
- verhältnismäßig geringe Lebensdauer
- relativ konkurrenzschwach (außer in Sondersituationen)
Was sind typische Pionierbaumarten?
- Bergahorn (Acer pseudoplatanus), nimmt teilweise auch die Rolle als Klimaxbaumart ein
- Deutsche Eiche / Stieleiche (Quercus robur), nimmt teilweise auch die Rolle als Klimaxbaumart ein
- Eberesche (Sorbus aucuparia)
- Europäische Lärche (Larix decidua)
- Hängebirke / Sandbirke (Betula pendula), nimmt teilweise auch die Rolle als Klimaxbaumart ein
- Moorbirke (Betula pubescens)
- Salweide (Salix caprea)
- Schwarzerle (Alnus glutinosa)
- Waldkiefer (Pinus sylvestris)
- Zitterpappel / Espe / Aspe (Populus tremula)
Im Grunde wären fast alle Vertreter aus der Baumfamilie der Birkengewächse hier zu nennen. Aber eben nicht nur aus dieser Pflanzenfamilie.
Quellen
- David More, John White: Die Kosmos Enzyklopädie der Bäume (2005), Kosmos-Verlag
- https://de.wikipedia.org/wiki/Pionierbaumart
- https://de.wikipedia.org/wiki/Berg-Ahorn
- Pionierpflanze – Wikipedia
- Lichtbaumart – Wikipedia
- Joachim-Hans Bergmann, Werner Lebus: "Aufforsten" (2011), Kessel Verlag
- Auf den Spuren der Eiszeit – Waldzeit
- Pionierbaumart – Biologie (biologie-seite.de)
- Vorwald – Wikipedia
- H. Thomasius: "Prinzipien eines ökologisch orientierten Waldbaus" (1992), Parey Verlag
- Vorwald – Biomasse für Energie und Industrie - waldwissen.net
- Wald – Wikipedia
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